Geschichte hautnah erlebt

Am 08.03.2022 war es für uns neunte Klassen so weit: Die Exkursion ins ehemalige Konzentrationslager Flossenbürg stand bevor. Aber natürlich mussten wir uns vor der Abfahrt erst einmal testen. Als der Bus kam, waren wir alle schon sehr gespannt, da wir natürlich schon einiges im Unterricht besprochen und viel gehört hatten.

Aber als erstes kam die zweistündige Busfahrt, in der die meisten von uns sich die Zeit mit Spielen wie “Stadt, Land, Fluss”, lesen oder dem Durchgehen der Infos für ihren Vortrag vertrieben haben. Denn es gab eine Besonderheit bei unserer Führung durchs KZ: Nicht wir wurden geführt, sondern wir mussten führen. “Aktivierter Rundgang” heißt das im Angebot der Gedenkstätte.

Zwei Wochen bevor wir gefahren sind, durften wir uns ein Thema über das KZ anhand eines Bildes aussuchen. Dadurch hat jeder das bekommen, was ihn am meisten angesprochen hat, sodass das Beschäftigen mit diesen Materialen in den nächsten Geschichtsstunden nie langweilig wurde.

Als wir aber endlich ankamen, waren wir auf den ersten Blick ziemlich enttäuscht. Denn das Konzentrationslager sah überhaupt nicht so aus wie wir es uns vorgestellt hatten. Viel zu wenig beeindruckend im Gegensatz zu den Bildern aus dem Unterricht.

Es ähnelte vielmehr einem Park: Wohnhäuser ersetzten Barracken, Herrchen spielten mit ihren Hunden, Anwohner spazierten lachend durch das KZ und eine Ölfirma parkte mit ihrem Laster direkt neben den Häusern. Es gab kein „Arbeit macht frei“ -Tor, keine Häftlingsunterkünfte, Stacheldrahtzäune und Schienen. Alles was ein Kz auszumachen schien, fehlte. Abwarten.
Unsere Lehrer sind dann erstmal mit uns eine Treppe hochgestapft, die tatsächlich noch ein Original war und wir kamen in ein Haus mit Aufenthaltsräumen, Café und Toiletten. Es war das ehemalige SS- Gebäude indem früher das SS-Kino und der SS-Arzt waren. In den Aufenthaltsräumen warteten Guides auf uns, die uns nach freundlicher Begrüßung den Tagesablauf erklärten. Die erste Station bestand darin, dass wir alleine mit unseren Gruppen das Gelände erkunden durften und währenddessen einen geeigneten Platz suchen konnten, an dem wir später unseren Vortrag halten wollten. Außerdem gaben sie uns eine Karte, auf der wir das KZ- Gelände heute, und auf der Rückseite früher sehen konnten. Erneut stellten wir fest, dass nicht mehr viele der originalen Gebäude standen. Dort wo früher weitere Baracken standen, sind heute nur Steine in den Boden eingelassen, und ein großer Teil des Geländes war bebaut worden. Wir erfuhren, dass das daran lag, dass man nach den schwarzen Jahren des Nationalsozialismus alles einfach so schnell wie möglich vergessen wollte und deshalb alles abgerissen und zerstört hat.
Als wir nach der Erkundungstour zurück zu unseren Guides kehrten, durften wir uns im Aufenthaltsraum kurz stärken, Fragen stellen und Bilder passend zu unseren Themen aussuchen, die wir bei den Vorträgen dann präsentieren durften. Außerdem wurde auch die Reihenfolge unserer Präsentationsthemen festgelegt.
Wieder im Freien berichtete die erste Gruppe – in unserem Fall, die beiden anderen Klassen waren jeweils in einer anderen Reihenfolge unterwegs - uns vor dem ehemaligen SS-Gebäude etwas über die Grunddaten des KZ und die erniedrigende Ankunft der Häftlinge.

Als zweites gingen wir in das Ausstellungsgebäude hinein, aber noch nicht um die diese zu besichtigen, sondern um in den Keller des Gebäudes hinabzusteigen, indem sich der Waschraum, welcher noch original erhalten ist, befand. Das Team mit dem Thema „Häftlingsleben“, berichtete uns dort über das Waschen und die Folter dabei. Es war ein bedrückendes Gefühl in einem Raum zu stehen, in früher Leute gedemütigt, rasiert, ausgezogen, gequält und entwürdigt wurden.
Nach diesem schockierenden Eindruck führte uns Gruppe Nummer 3 die Treppen wieder nach oben in den Ausstellungsraum, wo sie vor einem großen Bild, auf dem ein Steinbruch abgebildet war, stehen blieben. Erzählte wurde uns hier über die Zwangsarbeit dort und wie diese sich im Laufe der Jahre veränderte. Dieses Bild verdeutlichte uns nochmals ganz klar, wie die Menschen ausgebeutet wurden. Die vierte Gruppe führte nun hinaus auf den Appellplatz und informierte uns über den typischen Tagesablauf eines Häftlings im KZ. Nachdem diese fertig waren, liefen wir lange, bis wir in ein kleines Tal hinunterblicken konnten, in dem sich das Krematorium und die Aschepyramide befinden. Diese sind ebenfalls noch original erhalten. Und das war für uns der Punkt bzw. das Gebäude, an dem wir erkannten, dass es eben kein Park war, sondern ein KZ, in dem über 30.000 Menschen brutal und ausbeuterisch ermordet wurden. Hier erzählte uns die vorletzte Gruppe mit Blick auf das Krematorium etwas über das Sterben und den Tod im KZ Flossenbürg. Zum Schluss brachte uns die sechste Gruppe etwas über die SS- Soldaten näher, die im großen SS-Gebäude ihr angenehmes Leben lebten, während neben ihnen Menschen ihren qualvollen Tod fanden. Als wir nun mit unserer Führung fertig waren, waren wir erschlagen von den vielen Informationen, die auf uns eingehagelt sind. Unsere Lehrer gaben uns deswegen noch eine Dreiviertelstunde frei, in der wir entweder nochmal die Ausstellung besuchen durften, zu dem kleinen Edeka gegenüber des KZ gehen konnten oder uns auch in dem Café stärken durften.
Einige von uns gingen sofort los zur Verpflegung, aber andere, denen nicht nach essen zumute war, gingen zurück, um sich die Ausstellung noch einmal in Ruhe anzuschauen. Alles war sehr anschaulich erklärt, viele der Bilder schockten uns, denn sie spiegelten sehr gut wider wie miserabel es den Gefangenen ging. Viele Originalteile konnte man besichtigen, wie Uniformen und Hemden der Häftlinge, Werkzeuge, die im Krematorium gebraucht wurden, wie zum Beispiel eine Leichentrage, selbstgebautes Geschirr für das mickrige Essen und Bilder der Opfer vor und nach dem Kz.
Bevor der Bus aber wirklich kam, saßen wir alle auf den Stufen der großen Treppe und tauschten uns über die ganzen schrecklichen, aber auch interessanten Informationen aus. Nach der Ausstellung, die teilweise auch mit Videos bestückt war, haben sich unsere Vorstellungen, ein Stück weit in die Vergangenheit einzutauchen, nun doch verwirklicht.

Dann war es aber so weit. Die Heimfahrt stand an. Es war viel ruhiger als auf der Hinfahrt, alle waren müde von der Tour und den Eindrücken, die auf uns eingeprasselt sind. Insgesamt war es ein sehr anspruchsvoller, aber lehrreicher Tag, der für immer in unseren Erinnerungen bleiben wird.

Lea Müller, Maxine Betzler, 9c

 

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